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Adventskonzert 2024 des Heimatvereins Ratzenried
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Ratzenrieder Burgmesse als Magnet
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Heimatverein Ratzenried trauert um Gebhard Brauchle
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Heimatverein Ratzenried putzt seine Burgruine heraus
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Vielfältiges Engagement des Heimatvereins Ratzenried
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Ratzenrieder Burgmesse als Magnet
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Heimatverein Ratzenried feiert 40jähriges Jubiläum
Bericht aus der Schwäbischen Zeitung vom 12.11.2012:
Gerichtsstube schlägt Kapitel Ratzenrieder Geschichte auf
Ratzenrieder Gerichtsstube im Gasthaus „Zum Ochsen“ eröffnet – Heimatverein hat sie eingerichtet
Von Vera Stiller
RATZENRIED – Zunächst war einfach nur der Wunsch da, aus zwei kleinen Nebenräumen des Gasthofs „Zum Ochsen“ einen zu machen und ihn gastronomisch zu nutzen. Nachdem die Edelweißbrauerei Farny als Besitzer des Hauses eingewilligt und Dr. Jörg Leist, Vorstand der FarnyStiftung, seine Ideen zur Umgestaltung eingebracht hatte, entstand eine „richtige Baustelle“, wie von Geschäftsführer Elmar Bentele zu erfahren war, in deren Folge man „alles frisch aufbaute“.
Dann wurde Berthold Büchele aktiv. Er, der seit 1975 intensive Forschungen zur Geschichte von Ratzenried betreibt und nicht zuletzt Mitbegründer des Heimatvereins Ratzenried und der AG Heimatpflege im Württembergischen Allgäu ist, ging auf Bentele zu und „klärte ihn auf“.
Nämlich darüber, dass an der Stelle des „Ochsen“ um 1460 ein Gerichtshaus entstanden war, das zugleich die Funktion eines Gast- und Tanzhauses hatte. Und Büchele stellte die Idee des Heimatvereins vor, in dem neu geschaffenen Raum eine Gerichtsstube einzurichten.
Nach der Einführung durch Geschäftsführer Elmar Bentele (rechts) sowie den Grußworten von Stiftungsvorsitzendem Jörg Leist (2. v. r.) und Bürgermeister Josef Köberle (2. v. l.) führte Berthold Büchele auf unterhaltsame Weise mit Text und Gesang in die Ratzenrieder Gerichtsbarkeit ein.
Klaus Schwarz, Pächter des Gasthauses Ochsen, verwöhnte die Gäste mit einem Wildschweinbraten, den er nach mittelalterlichem Rezept zubereitet hatte
Gedacht, geplant, getan. Engagierte Menschen gingen ans Werk. Finanziert von Farny, ließen sie die Geschichte dieses Hauses wieder lebendig werden. Allen voran Büchele selber, dann Angela und Walter Schautz, deren Handschrift die Konzeption der Ausstellung trägt, Stadtarchivar Dr. Rainer Jensch, auf dessen Wissen man im Hinblick auf die gezeigten Dokumente zurückgreifen konnte, und Hans Knöpfler, der zusammen mit seinem Schwager für das korrekte Aufhängen der von Uwe Schenkemeyer reproduzierten Bilder sorgte.
Bürgermeister Josef Köberle hielt bei der Eröffnung am Freitagabend vor Augen, dass mit der „rundum gelungenen und stilvollen Stube“ nicht nur die Bedeutung Ratzenrieds mit seiner einmal erworbenen Niederen und Hohen Gerichtsbarkeit zum Tragen komme, sondern von ganz Argenbühl. Und Dr. Jörg Leist wusste noch Geschichtliches zum Haus beizutragen. Konrad Kugel, der Begründer der Brauerei Farny, sei hier geboren und aufgewachsen und durch die dahinter liegende Brauerei dazu bewogen worden, eine eigene Brauerei aufzumachen.
Mit Geige, Gitarre und Gesang Mit Geige, Gitarre und Gesang entführten dann Berthold Büchele und Jutta Maag in die Zeit des Mittelalters. Unterbrochen wurde der musikalische Beitrag von Bücheles Erklärungen zur Ausstattung der Gerichtsstube mit dem entsprechenden Hintergrund zur Historie. So erfuhren die Gäste ebenso von dem Gerichtsstein bei der Linde auf dem Dorfplatz, auf dem der Richter damals saß und der seit 1921 als Kriegerdenkmal bei der Kirche fungiert, wie auch von der „Statuta undt Gerichtsordnung der Herrschaft Ratzenried“ aus den Jahren 1657 bis 1757. Danach wurde beispielsweise mit „zehn Pfund Pfennig“ Strafe belegt, wer „fluchte, sacramentierte oder Gott lästerte“. Fünf Pfund Pfennig kostete es, wenn man Wäsche in der Küche gewaschen oder durch Fahrlässigkeit eine Feuersbrunst verschuldet hatte.
Drastischere Strafen waren das an den Pranger stellen, das Tragen von Schandmaske, Schandkragen oder Schandrosenkranz. Wem noch gröbere Vergehen nachgewiesen werden konnten, auf den warteten Galgen, Scheiterhaufen, Rad oder Schwert.
Das alles und noch vieles mehr ist in der Gerichtsstube mit Schautafeln dokumentiert und mit Nachbildungen belegt. Dazu gehört eine Ritterrüstung, die das Ambiente der Stube bereichert. Damit noch nicht genu, kann man doch in dieser zu einer Art Museum erhobenen Stube auch deftige Gerichte nach Art des Mittelalters einnehmen. Wie heißt es in dem von Berthold Büchele entworfenen Flyer so schön? „Keine Angst: Sie werden hier nicht hingerichtet, vielmehr wird Ihnen manch Leckeres hin gerichtet.“