Gebhard von Ratzenried

Von Berthold Büchele 

Gebhard von Ratzenried wurde am 25.11.1583 als Sohn des Georg von Ratzenried und der Regina Sibylla von Rechberg im (unteren) Schloss Ratzenried (Allgäu) geboren. Während sein Bruder Jos Ludwig die Herrschaft Ratzenried übernahm, studierte Gebhard im Ingolstädter Jesuitenkolleg, trat  am 17.4.1603 in den Jesuitenorden ein und absolvierte das Noviziat in Landsberg. Seit dieser Zeit schrieb er sich Gebhard Ratzenried bzw. Ratzenrieder .1604 studierte er Rhetorik im Jesuitenkolleg in Augsburg. In diesem Jahr schrieb und führte er dort das Theaterstück „Carolus Brigittae filius“.auf.[1] Am 17.4. 1605 legte er in Augsburg die Ordensgelübde ab. Von 1605-1608 studierte er Philosophie in Ingolstadt, kam 1608 nach Augsburg zurück und war dort Professor der Grammatik. 1608 hielt er seine feierliche Eingangsrede vor den Studenten. 1610 zog er nach Ingolstadt, um Theologie zu studieren, 1613 unterrichtete er im Kolleg von Eichstätt. Am 22.3.1614 wurde er zum Priester geweiht. In Eichstätt lehrte er 4 Jahre Humanität und 3 Jahre Rhetorik. 

1618 weilte er einige Wochen in Neuburg, wo er das Theaterstück „Henricus Imperator“ von Andreas Brunner inszenierte, das einen ganzen Tag dauerte. 1619 vertrat er kurzfristig den Rector von Ingolstadt. Im gleichen Jahr wurde er zum Studienpräfekten in Eichstätt und am 21.6. 1621 zum Rektor der Universität Eichstätt ernannt. 1622-1624 war er Professor der 2. Grammatikklasse am Eichstätter Jesuitenkolleg. Ab 1629 verfasste er viele erbauliche und andere theologische Schriften, teilweise gerichtet gegen den ersten lutherischen Prediger Lorenz Laelius in Onolzbach. 1631 ließ er das Eichstätter Kollegsgebäude errichten. Er war in Eichstätt nicht unbeteiligt bei den zahlreichen Hexenprozessen, die man dort führte.[2] 1631 gab er den Posten des Rektors auf und wurde Beichtvater des Herzogs Albrecht von Bayern in München und war Rektor des Ingolstädter Konvikts. 1637 wurde er zum Direktor des Seminars St. Ignaz ernannt und war dann von 1637– 1641 Rektor des Augsburger Kollegs. 1641 zog er nach Innsbruck, wo er der Lehrer der jungen Erzherzoginnen wurde. Anschließend war er Beichtvater der Erzherzogin Isabella Clara Eugenia von Österreich in Mantua, der bekannten Tochter Philipps II. von Spanien. Gebhard Ratzenried starb am 14.08.1652 in Mantua oder Innsbruck.

[1] Oder 1609. Das Stück wurde auch 1610 in Ingolstadt und 1614 bei der Gründung des Eichstätter Jesuitenkollegs aufgeführt. Dies und weitere biographische Angaben s. Müller und Valentin

[2] Müller, S. 22

Werke:

(alle Bücher sind in der BSB München (s. BSB opac) erhalten und online lesbar) 

Carolus S. Brigittae filius (Märtyrerdrama, 1610 (1614 in Eichstätt gespielt)

Clavis linguarii Oder Schlüssel, dem Jesuiten Gebhard Ratzenried zu Eröffnung deß Bands: damit er ihme selbst die Zunge verschlossen, Monachium, 1629, 184 S. 

Maculae Solis…..contra Caput II scripturae loquentis….Laurentii Laelii Praedicantis Onoldini, Monachium, 1629 

Cera Ulyssea, seu demonstrata Christi, ecclesiae suae aures, adversus errores in fide, obturantis, providentia, contra caput 8 scripturae loquentis, Laurentii Laelii…auctore Gebhardo Razenriedt è Societate Jesu , Monachium, 1629 (auch in Bibliothek auf Schloss Zeil) 

Linguarium sive Responsum ad I. & VII. Caput Scripturae Loquentis: datum Laurentio Laelio Praedicanti Onoldispacensi, asserenti, Omnia ad fidem, & salutem spectantia, in sacris Bibliis, scripta Contineri; Monachii, 1629 

Clava, clavi et clavigero debita, qua clavis linguarii, Laurentii Laelii, Praedicantis Onoldini  confringitur à Gebhardo Razenriedt è Societate Jesu, Apud Cornelium Leysserum, Electoralem Typographum, Monachium, 1630; gewidmet Kaiser Friedrich (auch in Bibl. Zeil, Ra Th 173) 

Vindiciae in libertatem, quibus suprema, in ecclesia Christi, summi pontificis, potestas, a Laurentio Laelio, praedicante Onoldispacensi, cap. X. Scripturae loquentis, immerito accisa, in integrum restituitur; Monachii, 1629 

Modius Luthero-Laelianus eversus, sive refutatio cap. 7. scripturae loquentis, quo Laurentius Laelius ecclesiam Christi militantem sub modium collocare conatur, auctore Gebhardo Razenriedt, Monachium, 1629 

Refutatio cap. 7 scripturae loquentis… 1629 (Zeil, Bibliothek) 

Collyrivm Sive Responsum ad Caput III. Scripturae Loquentis: Datvm Lavrentio Laelio Praedicanti Onoldino. Vt Scriptvram Rectius lectitare, eiusdemque falsarios certius cognoscere, & de utrisque veriora loqui condiscat ; Monachii, 1630 

Laelius de Amicitia cum haeresi contracta: 10 capitibus scripturae loqentis, convictus ; Monachium, 1631 

Coena Domini Das ist: Gründtlicher Beweiß, wie Christus vnser Herr vnd Heylandt seinen H. Leib vnd Bluet Seiner auff Petrum Matth. 16. gebauten Kirchen hinderlassen vnd eingesetzt habe; dan[n] auch wie diese Einsätzung von der werthen Christenheit von Anfang her verstanden vnd üblich gebraucht sey worden: In einem Gespräch Allen Eyferer ihrer Seeligkeit bayder Religion, zur Nachricht vnd Warnung, guethertzig, vnd wolmeinend vorgestellt ; Straubing, 1645 

Pvrgatorivm Das ist Gründtlicher Beweiß was von dem Fegfewr Die wahre auff Petrum von Christo, Matth. 16: gebaute Kirch, von Anfang, biß auff dises 1646. Jahr, ohne vnderlaß, so schrifftlich, als würcklich, gehalten, vnd geglaubt habe; Straubing, 1646 

Maria Mater admirabilis, Daß ist: Gründtlicher Beweiß was die allgemeine auff Petrum Matth. 16. von Christo fundierte Kirch, vber die 1600 Jahr von der glorwürdigisten Muetter vnsers Heylandts geglaubt, gelehrt, vnd üblich gehalten hab: Allen wahren Christglaubigen zum Trost ... vorgelegt ; Ingolstatt, 1647, gewidmet der Erzherzogin Isabella Clara Eugenia von Österreich 

Aries Inter Vepres Victima, Pro Filio Dei, Et Hominis, In SS. Evcharistia Adorando, Sumendo, Sacrificando: Hoc est M. Theodosivs Vvider Quem In vepreto, sui de Coena integra libelli, deprehensum ... producit; Ingolstadii, 1648 

Probierstein Deß wahren Glaubens, Das ist: Christliche, Sechzehenhundert-Jährige, gründliche Lehr, Von dem Wort Gottes: Welches per Sermonem, & Epistolam, Mündlich vnnd Schrifftlich zumal , vnd nit allein Schrifftlich alle Articul deß Glaubens begreifft, alle Vngleichheiten darinn vergleicht, alle Streit endet. Darauß Allen Christglaubigen remonstriert wird, wie Arij, Eunomij, &c. von Martino Luthero widerholte Fundamental-Lehr, das nicht zuglauben, was nit geschriben, falsch, irrend, vnd der Sechzehenhundert-Jährigen Christenheit zuwider sey; Amberg, 1649 

Heyligen Schutz Wider Die vermeinte Nothwendige Erleütterung Herrn Erasmi Gruber Vber das Directorium Romano-Catholicum, von dem H. Dienst: In Welchem Bestättiget wird, daß die Ehr vnnd Hilffsuechung, bey den lieben Heyligen Gottes, im Himmel, nit allein die nechste 1200. wie Herr Gruber bekennt, sonder auch die erste 400. Jahr, in der Christenheit gebräuchig, und anderen bekandten Ketzeren, sey angefochten worden; Ingolstatt, 1649 , gewidmet dem Bischof von Regensburg. 

Literatur:
Duhr, Bernhard:: Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge. 2. Band, 1. Teil. Herder, Freiburg i. Br. 1913, S. 228, 239, 610.

Müller, Johannes, Das Jesuitendrama, Augsburg 1930, Band 2, S. 22

Romstöck, Franz Sales: Zur Statistik des Jesuiten-Collegiums in Eichstätt. Eichstätt, 1902, S. 8; 

Schulte, Johann Friedrich v., Artikel Razenried Gebhard, in: ADB, Band 27 (1888), S.476[1]

Valentin, Jean-Marie, Le Théâtre des Jesuites dans les Pays de Langue Allemande, 1. Band, Stuttgart 1983, S. 1101-1102.

[1] In der Kreisbibliographie des Landkreises Ravensburg, (Hrg. von H.U.Rudolf), Ravensburg 1999, S. 807, steht, Gebhard von Ratzenried habe ein Pseudonym „Gebhard Schulte“ gehabt.